Hauptberuflich aufmerksam. Lektorat: Vorgehensweise
Oft werde ich nach dem Verfahren gefragt, wenn es um Manuskripte geht.
Es ist die Regel, dass ich die Manuskripte per E-Mail erhalten. Übersendet werden sie als WORD-Dokumente. Zuerst stelle ich fest, wie viele Normseiten das Manuskript umfasst. Daran orientiert sich das Honorar (siehe auf dieser Webseite: Definition Normseite).
Die elektronische Übersendung des Manuskripts ist deshalb von Vorteil, weil es keine Probleme mit der Kompatibilität der verschiedenen Schreibprogramme gibt. Es kann ziemlich schrecklich sein, wenn über viele Seiten zum Beispiel schwarze Balken erscheinen, die sich nicht entfernen lassen.
Der Lektor muss sich andernfalls als Computerexperte beweisen, um weiterhin am Manuskript arbeiten zu können. Es ist mir noch nicht passiert, dass ich die Arbeit abbrechen musste. Im Verlaufe einer Nacht kann dieser Gedanke wegen unvorhergesehener technischer Probleme kommen.
Das Lektorat zieht sich gelegentlich in die Zeiten hinein, in denen meine Nachbarn bereits seit Stunden schlafen.
Manuskript per Post
Es gibt jedoch Autoren, die mir ihre Manuskripte per Post schicken. Dann ist es notwendig, die Texte einzuscannen. Geräte erfassen den Text und digitalisieren ihn. Danach kann ich die Bearbeitung am Computer vornehmen.
Einige Kopierläden verlangen 2 Euro je Blatt. Diese Arbeitsweise kann für den Autor zu einem teuren Unterfangen werden. Dennoch bin ich vermittelnd behilflich. Das Einscannen kostet dennoch 50 oder 60 Cent pro Blatt.
Es verschieben sich allerdings Zeilen, wenn ich den Text in ein WORD-Dokument übertrage. Es kann passieren, dass Wörter fehlen. Der Aufwand wird deshalb für mich als Lektor schnell sehr groß sein.
Korrekturdurchgänge
Zumeist folgen vier bis fünf Korrekturdurchgänge.
Bei dem Beispiel rechts lässt sich sagen: Korrigiert wurden Zeitprobleme, ausgebessert wurden Zitate, entfernt wurden überflüssige Leeranschläge oder Füllwörter. Es war ein gutes. ergreifend lesbares Manuskript.
Die Summe der automatisch erzeugten Hinweise war groß. Der erste Eindruck lässt Autoren erstarren. Auf Wunsch übersende ich sofort eine Feinschrift, aus der Änderungen nicht sofort nachvollziehbar sind. Diese Korrekturfassung ermöglicht es den Autoren, per Mausklick meine Änderungen ganz einfach rückgängig zu machen. Der Autor muss einverstanden sein.
Meine „Eingriffe“ lassen sich zwar fachlich begründen. Doch handelt es sich immer um das Werk des Auftraggebers. Das respektiere ich unbedingt.
Während ich mich in das Manuskript einlese, korrigiere ich bereits gründlich die Rechtschreibfehler, vergrößere das Manuskript im Modus „Ansicht“ auf 150 Prozent, um ebenso unnötige Leeranschläge finden zu können.
Sehr oft wird beim Zeilenumbruch einmal zu oft die „Enter“-Taste benutzt.
Bei den späteren Durchgängen schenke ich Zeitfehlern besondere Aufmerksamkeit, dem Inhalt ohnehin. Was den Inhalt angeht, wird in Zitaten oft wiederholt, was schon gesagt wurde.
Die Sprache in der Literatur unterscheidet sich deutlich von der gesprochenen Sprache. Deshalb stellen Zitate große Herausforderungen dar. Sie müssen lebensnah und für das Lesen gestaltet sein.
Gelegentlich wirken sie geschwätzig oder umständlich. Es kommt indessen immer in Absprache mit den Autoren ggf. zum Umbau. Alles das ist meine Aufgabe, die ich sogar mit Leidenschaft übernehme.
Dramaturgie
Es lohnt sich, gerade bei Biografien nicht mit den Kindertagen zu beginnen. Der Rückblick in einem anderen Teil des Manuskripts erlaubt es, diese möglicherweise nützlichen Informationen dramaturgisch besser zu platzieren.
Deshalb übersende ich stets Korrekturversionen. Jede Änderung ist darin nachvollziehbar. Automatisch erzeugte Hinweise befinden sich auf der rechten Seite des WORD-Dokuments. Gerade unerfahrene Autoren erschrecken sich, wenn sie das Dokument öffnen. Erfahrungsgemäß befindet sich in jeder Zeile eine Kleinigkeit, die korrigiert werden musste.
Vor Jahren habe ich die Farbe Rot verwendet, um auf die Korrekturen aufmerksam zu machen. Ich nehme nicht die Rolle des Oberlehrers ein. Deshalb sind alle Hinweise längst in der Farbe Tintenblau zu sehen. Den Autoren gegenüber dokumentiere ich zugleich meinen eigenen Arbeitsaufwand.
Gelegentlich wird vorher gefragt, ob es denn notwendig sei, einen Lektor zu beschäftigen. Die Frage wird alsbald mit einem Ja beantwortet. Im Alltag zählt für mich das, wie ich salopp sage, „das Werkstück“.
Intensive Gespräche vor dem Lesen des Manuskripts ersetzen nicht die konzentrierte Arbeit vor dem Computer. Über den Inhalt und den Aufbau kann ich vorher nichts sagen. Es ist besser, mich sogleich ans Manuskript zu setzen.
Zeitrahmen
Routiniert bearbeite ich in einer Stunde zwischen zwei und vier Normseiten. Daraus lässt sich der zeitliche Aufwand ableiten, wann das Lektorat beendet ist. Es folgen anschließend intensive Gespräche mit den Autoren.
Gelegentlich gibt es den Wunsch, für Verlage Kurzfassungen zu schreiben. Diese Aufgabe kann ich selbstverständlich zusätzlich übernehmen.
Verlage erhalten nach dem Lektorat ein einwandfreies Manuskript. Daran muss den Autoren unbedingt gelegen sein. Hinzu kommen Informationen über den Autor, die formuliert werden müssen.
Es liegt oft nicht am Werk, dass es abgelehnt wird. Verlage können nicht alles drucken. Sie stoßen aus wirtschaftlichen Gründen an ihre Grenzen. Die Produktion eines Buches ist sehr teuer. Deshalb stellen Absagen in der Regel kein Werturteil dar.
Es gibt eine sehr große Anzahl von Biografien und einen relativ kleinen Markt dafür. Das sollten Autoren unbedingt beachten, die mühevoll ihre eigene Lebensgeschichte geschrieben haben. Prominente haben es einfacher, ihre Biografie bei einem Verlag unterzubringen.
Am Anfang steht der unbedingte Anspruch der Autoren, ein qualitativ hochwertiges Manuskript einreichen zu können.