Das Ideal. Die Arbeitsweise des Ghostwriters
Robert Harris schreibt in seinem Buch „Ghost“, von Roman Polanski verfilmt als „Der Ghostwriter“, dass sich die gemeinsamen Zeiten, in denen man bislang gelebt hat und lebt, verschmelzen. Die Geschichte des Anderen wird zur eigenen. Zuweilen beruhe das sogar auf Gegenseitigkeit. Das wäre der Unglücksfall.
Es kommt nicht auf die Geschichte des Ghostwriters an.
Der Ghostwriter sollte nicht schüchtern sein. Er muss in der Lage sein, seinen Gesprächspartner entspannt, doch selbstbewusst berichten zu lassen. Dabei geht es nicht allein um das Zuhören, nicht nur um die Notizen oder die Tonbandaufnahme.
Der Ghostwriter braucht Empathie und Sympathie für seinen Auftraggeber.
Arbeitsverhältnis mit tiefem Vertrauen
Zuweilen können Auftraggeber sehr eigenwillig sein: Sie sind gefangen in ihren Geschichten oder stark beschäftigt und haben deshalb keine Zeit, ein Manuskript selbst zu schreiben. Dennoch wird das enge persönliche Verhältnis auf Zeit gebraucht.
Es ist keine Freundschaft entstanden. Der Ghostwriter zeigt Professionalität. Das ist nicht immer leicht zu verstehen.
Open your door
Fremde lassen den Ghostwriter für einige Wochen oder Monate tief in ihr Leben eintreten. Dabei müssen beide Grenzen einhalten. Es handelt sich um ein Arbeitsverhältnis. Das weiß der Ghostwriter gut.
Er hat mit Erfolgreichen, Geschundenen, mit Gescheiterten gearbeitet, mit Heiteren, Leichtfüßigen und Traurigen. Er kennt die Normalität, die im Manuskript zur Exklusivität wird.
Gemeinsam viel Zeit verbringen
Das Ideal ist die Arbeit vor Ort, die gemeinsame Reise, die langen Wanderungen, die Strandspaziergänge und die Arbeit, die den täglichen Dialog über das geschriebene Tagwerk mit sich bringt.
Solche Gelegenheiten, mit dem Auftraggeber wochenlang zusammenarbeiten zu können, gibt es für Ghostwriter selten. Sie sind ideal. Der Ghostwriter entdeckt die Denk- und Sprechweise dessen, der später als Autor eines Buches in Erscheinung treten wird.
Denk- und Sprechweisen prägen den Stil des Buches, der dem des Autors entspricht. Besonders wichtig ist das bei der Arbeit für Biografien, sicher nicht besonders relevant für Sachbücher.
Nach Aktenlage …
Es ist schwer, wenn nicht gar unmöglich, ohne den ständigen, unmittelbaren Kontakt den Stil, dabei nicht nur die Sprechweise, eines Menschen zu erfassen, sondern Akten abzuarbeiten, Notizen zu sichten, kurze Telefonate zu führen.
Sagt der Auftraggeber einer Biografie später „Sie haben meinen Stil nicht getroffen!“, muss er sich fragen lassen, ob das überhaupt möglich war. Dann kam es auf die Recherche an, die ein facettenreiches Bild ergeben soll, in dem eine Person eine herausragende Rolle spielt.
Spiegeln
Der Ghostwriter kann nicht mehr als seinen eigenen Eindruck von seinem Auftraggeber vermitteln. Das liegt an den Umständen. Die perfekte Lösung des Dilemmas ist die Zusammenarbeit an einem Ort, womöglich für eine oder zwei Wochen. Das Schreiben kann überall erfolgen.
Immer gehören eigene Recherchen dazu. Zur Erinnerung an die Zeit im Tessin 1970: Es werden alte Fotos gesichtet, Details des damaligen Designs von Autos oder Telefonzellen erfasst.
Der Auftraggeber entlässt seinen versierten Ghostwriter nicht mit der Gewissheit, dass der nun alles weiß, was er braucht, um ein interessantes Buch zu schreiben. Aus Schilderungen ergeben sich neue Herausforderungen für den Ghostwriter, um bildhaft schreiben zu können.
Hier zeigt der Ghostwriter, dass er sich nicht nur für Literatur begeistern kann, sondern auch für den Journalismus, niemals gegen den Auftraggeber, immer für ihn und seine Leser.
Ist das geschafft, löst sich der Ghostwriter – und begibt sich in eine neue Geschichte.
Ich bin gern für Sie da.