Autor DLF. Bundestag: Porträt des Petitionsausschusses
Berlin./ Bonn. – Eine „Junggesellin“ hatte vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages dringend gefordert, sofort in den verqualmten Gasthäusern der jungen Republik Raucher- und Nicht-Raucher-Zonen einzurichten.
Das war im Jahr 1952, in einer Zeit, als selbst durch Busse und Bahnen dicke Rauchschwaden ziehen durften.Das Protokoll des Deutschen Bundestages in Bonn vermerkte Heiterkeit bei den Abgeordneten und deren Hört-Hört-Rufe.
Darauf muss man erst einmal kommen, auf die Trennung von Rauchern und Nichtrauchern, hieß es. Absurd sei das, dachte und sagte man. Im mündlichen Bericht des Petitionsausschusses vor dem Plenum wurde die Frau nach den Querulanten und Dauer-Petenten folglich in die Gruppe jener Bürger eingereiht, die sich wörtlich „mit etwas merkwürdigen Wünschen“ an ihre Volksvertreter gewandt hatten. Heute wäre das undenkbar.
„Manche sind wohl wirklich ihrer Zeit voraus. Wenn Sie heute – ich weiß nicht, ob diese Dame noch lebt, aber wenn sie den Alltag erkennen würde, dann würde sie sagen, da habe ich eine gute Idee gehabt. Nur: sie war zu früh. Und deshalb ist es eine der Herausforderungen für Abgeordnete, die Petitions-Arbeit machen, auch zu gucken: gibt es da einen wahren Kern? Ist da was dran, wo man sagen kann: vielleicht können wir das jetzt noch nicht verwirklichen, aber im Grunde genommen die Tendenz, der Impuls, ist schon in Ordnung. Das bringt manchmal zwiespältige Gefühle für einen Abgeordneten, weil er vielleicht im Ergebnis etwas ablehnen muss, obwohl ein Teilaspekt vielleicht eine wirklich interessante Anregung ist. Das kommt schon vor.“
Aber selten! Der aktuelle Bericht des Petitionsausschusses dokumentiert, dass jedem zweiten Petenten, also dem Bürger, der sich an den Deutschen Bundestag gewandt hatte, geholfen werden konnte. Im Jahre 2003 sind insgesamt 15.534 Eingaben nach Berlin geschickt worden.
Die öffentliche Anerkennung hält sich in Grenzen, auch für Gabriele Lösekrug-Möller. Sie ist Mitglied des größten Bundestagsausschusses. 25 Mitglieder gehören zu dem Gremium. Als Obfrau führt sie dort die Gruppe der elf Sozialdemokraten an. Jeden Mittwoch um acht Uhr treffen sich alle Mitglieder in Berlin im Paul-Löbe-Haus, gegenüber vom Bundeskanzleramt.
Der Zutritt zur Konferenz bleibt der Öffentlichkeit versagt. Kein Problem eines Bürgers soll Teil eines öffentlichen Spektakels werden. Die Abgeordneten wollen Rücksicht nehmen und sich andererseits auch nicht durch heran gekarrtes Publikum vor Ort unter zusätzlichen Druck setzen lassen, sagt SPD-Obfrau Gabriele Lösekrug-Möller.
„Es gibt aber noch Wahrheit dazwischen, und die hat damit zu tun, dass wir im Petitionsausschuss eigentlich über die Fraktionen hinweg sehr lösungsorientiert arbeiten. Das klappt gut auf einer Ebene, die nicht unbedingt gleich öffentlich ist. Wir kriegen manchmal Lösungen in Fällen hin, wo – da würde ich Wetten abschließen – wir den Fall öffentlich machen würden, auch viele Stellen auch nicht so bereit wären zu individuellen Kompromissen, wie wir sie manchmal erzielen können. Da ist auch Diplomatie dabei, und die verträgt sich nicht immer mit dem prallen Sonnenschein. Also das muss man gut abwägen. Ich denke, wir haben nichts zu verbergen. Darum geht es gar nicht. Wir respektieren aber die persönliche Sphäre von Petenten. Und da, wo ich denke, dass das Anliegen sind von besonderem öffentlichen Interesse, gibt es überhaupt keine Probleme, das öffentlich zu machen. Aber diesen Raum dazwischen möchte ich gerne bewahren.“
Ob das auch im Fall Specht notwendig war? Berichten über seinen betagten Mandanten und dessen Problem möchte hingegen der Berliner Rechtsanwalt Andreas Giese.
„Das Bundesamt für die Regelung offener Vermögensfragen soll jetzt den früheren ablehnenden Bescheid zu Lasten von Herrn Specht aufheben und die Rückübertragung aussprechen, soweit es nach dem Gesetz geht!“
Andreas Giese vertritt einen Petenten, den 85 jährigen Eberhard Specht. Des alten Mannes Geschichte ist bewegend. Die Mutter galt nach den unseligen Nürnberger Rassegesetzen der Nationalsozialisten als Volljüdin. Die Kinder wurden als Halbjuden bezeichnet. Die Spechts hatten ein Gut in Dolgenbrodt, 300 Hektar – fast so groß wie 600 Fußballfelder. 65 Kilometer von Berlin entfernt. Heute leben in dem Ort 350 Einwohner. In den Akten, die im Deutschen Bundestag gelegen haben, wird von Spechts Internierung 1944 nach Buchenwald gesprochen und von Zwangsarbeit dort, im Steinbruch.
Beschrieben wird der Fortgang nach Brasilien, erläutert werden die Rückübertragungsansprüche eines Mannes, der bis vor einiger Zeit in Südamerika von der überwiesenen Sozialhilfe aus Deutschland leben musste.
„Es geht hier um ein früheres Gut, das zurück übertragen werden soll. Teile davon. Das Gut existiert ja nicht mehr als Wirtschaftsgut. Die Entziehung des Gutes war schon 1945 zur Nazizeit, und später im Rahmen der Bodenreform wurde es noch mal entzogen, so dass so eine Gemengelage vorliegt. Durch die Wiedervereinigung wurde die Bodenreform, die große Bodenreform, und Grundstücke aus der Rückübertragung raus genommen. Nein, er hat doch noch einen Anspruch. Wenn man vorher geschädigt war zur Nazizeit, dann gilt man auch als berechtigt. Und da ist immer noch die Beweisfrage das A und O.“
Der Petitionsausschuss hat Rechtsanwalt Giese zu einem Vergleich mit dem Bund verholfen. Der Bundesrepublik Deutschland gehören einige Grundstücke aus dem früheren Vermögen der Spechts in Dolgenbrodt. Eberhard Specht erhält einen Teil dieses Landes zurück.
Obwohl Grieses 85 jähriger Mandant die überlassenen Felder und Wiesen schwerlich zu Geld machen kann, wurde dem alten Mann im vergangenen Jahr nach dem Vergleich seines Anwaltes mit dem Bund die Sozialhilfe gestrichen. Wovon soll er jetzt in Brasilien leben?
Die Gemeinde Dolgenbrodt tut sich ebenfalls schwer, Spechts Ansprüche anzuerkennen. Sie hat einige der Grundstücke für wenig Geld gleich nach der Wende verkauft. Der Kampf um das verlorene Land geht also weiter – und man fragt sich warum.
„Also als er das vor 14 Jahren beantragte, war er auch noch jünger. Da hat er natürlich gedacht: eine gewisse Rehabilitation, Genugtuung, weil sein Vater, seine Mutter seinerzeit umgekommen sind. Und auch einen finanziellen Ausgleich, weil es ihm auch sehr schlecht ging finanziell.“
Viele andere Petitionen sind ähnlich komplex. 15 534 Eingaben bedeuten harte Arbeit für den Bundestagsausschuss. Deshalb beschäftigt er 70 Mitarbeiter. Die meisten von ihnen sind hochkarätige Juristen, die sich jedes einzelnen Bürgerproblems mit trainiertem Sachverstand annehmen.
Vorausgesetzt: auf der Petition, also einem Brief mit der Beschreibung des Problems, befindet sich der Name des Absenders, seine Adresse und seine Unterschrift. Das reicht, um den Apparat in Bewegung zu setzen.
Das wird jetzt wohl schneller gehen. Per eMail soll sich jeder an den Petitionsausschuss wenden können, wenngleich Kritiker fürchten, dass die Mitglieder wegen der großen Menge an eMails nicht mehr arbeitsfähig sein könnten, was SPD-Obfrau Lösekrug-Möller zurückweist.
„Ich persönlich verstehe das überhaupt nicht, weil ich denke, das ist überfällig. Absolut überfällig. Junge Leute sind das gewohnt, heute mit eMails zu kommunizieren, und wir würden, wie ich finde, eine wichtige Personengruppe, die wir ja auch politisch interessieren wollen, gerade vor den Türen lassen. Das kann eigentlich nicht sein. Zweifler gibt es bei jeder Änderung, bei allem, was wir modernisieren, ruft auch die auf den Plan, die sagen, das geht sowieso nicht und warum unbedingt jetzt? Das ist wieder mehr Arbeit. Das sind also die klassischen Vorurteile, und dann denke ich immer, wenn die nicht spezieller werden, dann sind sie richtig, um sie zu ignorieren.“
Der Petitionsausschuss will sich modernisieren. Es gilt weiterhin: jeder wird gehört – Greis oder Kind, Deutscher oder Ausländer.
„Wir wollen das an zwei Stellen tun. eMails als Petition zulassen. Die muss da natürlich den kompletten Namen und die Anschrift enthalten, und wir wollen ja auch wissen, mit wem wir es zu tun haben. Das ist das eine. Das andere ist, dass wir sagen: wenn Menschen mehr als 50.000 sich zusammentun in einer Angelegenheit und sagen: und wir wollen, dass sich die Politik damit befasst, hier die Ebene des Bundestages, dann müssen wir das ernst nehmen.“
Damit könnten nach erfolgreichen Unterschriftensammlungen, den so genannten Massenpetitionen, von den Bürgern Anhörungen im Deutschen Bundestag erzwungen werden. Bei all dem gilt das Allgemeine Landrecht für die Preussischen Staaten von 1794.
„Einem jedem steht frei, seine Zweifel, Einwendungen und Bedenklichkeiten gegen Gesetz und andere Anordnungen im Staate so wie überhaupt seine Bemerkungen und Vorschläge über Mängel und Verbesserungen sowohl dem Oberhaupt des Staates als dem Vorgesetzten des Departements anzuzeigen, und letztere sind dergleichen Anzeige mit erforderlicher Aufmerksamkeit zu prüfen verpflichtet.“
Und weiter heißt es dann:
„Alle obrigkeitlichen Personen sind schuldig, einen jeden, welcher sich in Angelegenheiten ihres Amtes bei ihnen meldet, persönlich zu hören und auf schleunige Untersuchung und Abhelfung gegründeter Beschwerden bedacht sein.“
Das klingt etwas umständlich, bedeutet aber das generelle Eingabe- und Beschwerderecht und die Pflicht der Obrigkeit, solchen Eingaben und Beschwerden nachzugehen. Als Grundrecht, dem Parlament und Exekutive genüge zu tun, erschien es erstmals in der Paulskirchen-Verfassung von 1849 und dann in der Weimarer Verfassung von 1919. Auf Dauer ist es aber erst durch den Artikel 17 des Grundgesetzes in der Verfassungswirklichkeit verankert worden.
1975 wurde der Petitionsausschuss als Institution in die Reihe der Bundestagsausschüsse erhoben, die von verfassungswegen bestehen müssen. Damit verbunden war mehr als protzige Ehrerbietung gegenüber einem Mittler zwischen Volk und Staat. Der Ausschuss erhielt das Recht auf Auskunft und Aktenvorlage. Wenn er will, kann er den Zutritt zu jeder Behörde erzwingen, egal, ob das das
Bundeskanzleramt oder die Bundesanstalt für das Straßenwesen in Bergisch-Gladbach ist.
Ganz zu schweigen davon, dass der Petitionsausschuss Petenten, Zeugen und Sachverständige vorladen und anhören kann. Alle Verwaltungsbehörden und Gerichte sind dabei zur Amtshilfe verpflichtet.
Die Zeit des Aufbruches zu neuen Möglichkeiten hat vor allem die SPD-Bundestagsabgeordnete Liselotte Berger geprägt. Sie stand 15 Jahre lang an der Spitze des Ausschusses.
„Wir können an die unterste Behörde gehen. Wir können Arbeitsämter anrufen, und in dem Augenblick, in dem der Ausschuss das Recht hat, dass man ihm auch telefonisch eine Auskunft nicht verweigern kann, erhöht sich also die Wirksamkeit der Maßnahmen.“
Das Parlament hatte in den 70ern offenbar schnell gelernt, sich im Interesse seiner Wählerinnen und Wähler von Institution zu Institution bewegen zu wollen.
Dabei wollte es auf den langen Marsch durch die Institutionen verzichten.
„In früheren Zeiten wäre der Beamte oder der Angestellt einer Dienststelle berechtigt gewesen, eine Auskunft zu verweigern und auf den Dienstweg über Arbeitsministerium, Bundesanstalt für Arbeit, Landesarbeitsamt, örtliches Arbeitsamt zu verweisen und den ganzen Dienstweg natürlich zurück.“
Liselotte Berger. – Übrigens hatte der Petitionsausschuss bisher sechs Frauen an der Spitze und nur zwei Männer.
In einer Denkschrift zum 50. Geburtstag des Petitionsausschusses im Jahre 1999 stellte deshalb Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, SPD, einige Fragen.
„Sind Frauen lebensnäher und stärker an den konkreten Sorgen ihrer Mitmenschen interessiert? Sind sie geeigneter und gewillter, anderen auf die Finger zu schauen? Oder spiegelte sich zumindest in den ersten Jahrzehnten des Bundestages darin insgeheim eine männliche Einschätzung, der Petitionsausschuss sei weniger wichtig, den könne man getrost einer Frau überlassen, wider?“
Fest steht, dass die Arbeit im Petitionsausschuss bei vielen Abgeordneten als nicht sehr attraktiv gilt. Zum Jahresende hat die CDU wiederum zwei Abgeordnete ausgetauscht. Dabei sind die Gestaltungsmöglichkeiten nahezu unbegrenzt. Viele Gesetze werden auf Initiative des Gremiums novelliert, weil sie in der Praxis Mängel gezeigt haben.
Auch vor Überraschungen sei man nicht gefreit, meint der Vorsitzende Karlheinz Guttmacher von der FDP.
„Wir bekamen eine Bittschrift einer Petentin, die darauf hinwies, dass ihr Taschengeld zu dünn ist. Sie forderte uns auf, ihr zu helfen, dass ihr Taschengeld, das ihr Mann ihr gab, aufgebessert wird. Im ersten Augenblick glaubte ich auch, ich werde als Petitionsausschuss-Vorsitzender aufgeladen. Aber dem ist überhaupt nicht so, sondern die Frau hat Recht. Es gibt im BGB den Taschengeld-Paragaphen. Der ist seit langer Zeit nicht novelliert worden. So habe ich diese Petition an das entsprechende Bundesjustizministerium weitergereicht mit der Bitte, doch darauf zu achten, ob das Taschengeld, das dort angesetzt ist sowohl für Kinder als auch für Erwachsene, in unserer Zeit noch richtig bemessen ist, oder ob man das nicht ändern müsste.“
Per Gesetz bekommt die Frau ein höheres Taschengeld. Der Bundestag hat das Gesetz novelliert. Formal sieht das bei den Hartz-Gesetzen nicht anders aus. Aus dem Bundesland Thüringen liegt dem Petitionsausschuss eine sogenannte Massen-Petition mit 47.000 Unterschriften vor. Der Ausschuss wird zu Stellungnahmen aus dem Arbeitsministerium einholen.
Kommt der Petitionsausschuss zu der Ansicht, dass die so genannten Hartz-Gesetze geändert, also novelliert werden sollten, erhalten der Bundesarbeitsminister und die Fraktionen des Deutschen Bundestages eine Empfehlung. Das Verfahren ist für den Petitionsausschuss damit einstweilen abgeschlossen.
„Ob die Bundesregierung das durchführt, liegt bei der Bundesregierung selber. Da entsteht mitunter eine unterschiedliche Auffassung vom Petitionsausschuss, aber auch den jeweiligen Ministerien, wenn sie sagen, wir haben ein Gesetzgebungsverfahren wie bei den ganzen Hartz-Gesetzen jetzt auf den Weg gebracht. Es ist an der Zeit, zunächst zwei Jahre zu warten, wie sich das Gesetzgebungs-Verfahren gegenüber allen Betroffenen gut anzeigt, und ob es tatsächlich zu einem wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland führt. Und dann haben wir als Petitionsausschuss nicht das Recht zu sagen: nein, Ihr müsst das innerhalb einer bestimmten Frist dieses Gesetz jetzt sofort novellieren. Das haben wir nicht.“
Seit 1949 sind 570.000 Einzelpetitionen beim Deutschen Bundestag engegangen. Die Zahl der Massenpetitionen, also der Unterschriftensammlungen zu einem Thema Umweltschutz oder NATO-Doppelbeschluss liegt bei 4,1 Millionen in knapp 56 Jahren.
Täglich erreichen den Deutschen Bundestag etwa 60 Eingaben. Zwei Drittel sind Beschwerden, zum Beispiel wegen der Berechnungsformel des neuen Arbeitslosengeldes II. Das andere Drittel der Zuschriften sind Bitten wie um das höhere Taschengeld oder um parlamentarische Unterstützung im Kampf gegen den Amtsschimmel.
Sie seien eben „eingabegeübter“, glaubt Bundestagspräsident Wolfgang Thierse über die Ostdeutschen, weil 40 Prozent aller Eingaben aus den fünf neuen Bundesländern stammen.
Günther Baumann, Christdemokrat und ostdeutsches Mitglied im Petitionsausschuss, mag hingegen von einer besonderen Beschwerdekultur nichts wissen. Der CDU-Abgeordnete sieht allerdings spezifische Probleme in den neuen Länder, deren Ursache in der DDR-Vergangenheit oder im Vereinigungs-Prozess liegen würden.
„Wir haben das Thema nach wie vor offen: Rehabilitierung von SED-Opfern, von Stasiopfern!“
Günther Baumann von der CDU will beobachtet haben, dass die Stasi-Opfer zwar Entschädigungen für ihre Haftzeiten erhalten haben. Nirgendwo sei aber berücksichtigt worden, dass manche ihr Berufsleben lang benachteiligt waren. Jetzt erhielten diese Opfer eine niedrigere Rente als diejenigen, die das System „DDR“ getragen haben.
Brandenburg ist nicht nur aus diesem Grunde das Land mit den meisten Petenten. Hier wie in anderen ostdeutschen Ländern geht es um das DDR-Rentenrecht, um Grundstücksgeschäfte während der Modrow-Regierung und um Treuhand-Betrugsfälle.
Sechseinhalb Mal öfter als in Baden-Württemberg oder Bayern wird im größten ostdeutschen Flächenland zu Papier und Umschlag für den Bundestag in Berlin gegriffen.
Der Anteil der Männer liegt bei 60 Prozent, der der Frauen bei 28. Die restlichen 12 Prozent der Beschwerden und Bitten stammen von Verbänden und Organisationen. Es gibt viel zu tun.
Nicht nur im Osten Deutschlands! – Doch glaubt der FDP-Bundestagsabgeordnete Volker Wissing, dass die Bundesregierung dem Petitionsausschuss Konkurrenz macht.
„Die Bundesregierung neigt immer mehr dazu, ohne Not selber Bürgerbeauftragte einzurichten. Wozu braucht wir eigentlich eine Patientenbeauftragte, wenn wir diesen Petitionsausschuss haben? Was kann Frau Kuhn-Mengel, was der Petitionsausschuss nicht kann? Dadurch wird das Näheverhältnis von Parlament und Petenten gestört. Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht der nicht-positive Eindruck, dass sich die Abgeordneten nicht mehr unmittelbar um ihre Anliegen kümmern.“
SPD-Obfrau Gabriele Löskrug-Müller will sich von solchen Fragen nicht beirren lassen.
„Wir haben diese Debatte wirklich viele Jahre lang, die darum geht, was ist eigentlich besser? Ist der Bürgerbeauftragte oder die Bürgerbeauftragte das bessere Instrument, um das Bürger-Anliegen zufriedenstellend zu lösen, oder ist es der Petitionsausschuss? Ich finde, das ist der Streit um des Kaisers Bart. In manchen Bundesländern gibt es Bürgerbeauftragte und Petitionsausschüsse. Andere haben nur Petitionsausschüsse. Natürlich haben wir immer mehr Beauftragte für spezielle Fragen. Meines Erachtens nach ist es so, dass Parlamentarier und damit der ganze Bundestag gut beraten ist, beim Petitionsrecht, wie wir es haben, zu bleiben.Vielen Politikern wird ja oft vorgeworfen, sie sind zu weit weg vom Alltag.“
Deutschlandfunk, „Hintergrund Politik“, 18.40 bis 19.00 Uhr